Tag der Ersten Hilfe: So fit sind die Rüthener
Rüthen – Mal Hand aufs Herz: Wann haben Sie das letzte Mal einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert? Die Frage stellt sich insbesondere am internationalen Tag der Ersten Hilfe. Laut dem Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK Lippstadt-Hellweg) frischen die wenigsten Menschen ihr Wissen regelmäßig auf. DRK, Malteser und DLRG bieten im Kreisgebiet Kurse an – nur in Rüthen fehlt das Angebot. Unsere Redaktion hat in der Bergstadt gefragt, wie fit sich die Menschen fühlen.
Wer in Rüthen einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren möchte, etwa für den Führerschein, der muss in Nachbarstädte ausweichen. Im nicht-öffentlichen Rahmen habe die DRK aber auch in Rüthen schon Kurse durchgeführt – meistens für Firmen und deren Mitarbeiter. Das soll nicht so bleiben. „Ziel ist es, dass der Ortsverein Rüthen spätestens ab 2023 wieder Erste-Hilfe-Kurse anbieten kann“, sagt die frisch gebackene Vorsitzende des Rüthener DRK-Ortsvereins Yvonne Pedley.
Sie selbst ist Sanitäterin, werde aber demnächst einen Lehrgang absolvieren, um selbst Erste-Hilfe-Kurse durchführen zu können. Danach müssen nur noch die passenden Räumlichkeiten her – und einem entsprechenden Angebot in Rüthen stehe nichts mehr im Wege.
DRK empfiehlt alle zwei Jahre einen Kurs
Theoretisch ist niemand verpflichtet, sich einem Erste-Hilfe-Kurs zu unterziehen. Nur für Führerschein-Anwärter, betriebliche Ersthelfer und Sportlehrer ist der Kurs Pflicht, wie Kornelia Claus (Koordination der Erste-Hilfe-Kurse im ganzen DRK-Kreisverband) und Josef Meyer (Kreisgeschäftsführer) unserer Redaktion erklären. „Dass Privatleute die Kurse besuchen, kommt kaum vor“, sagt Claus. Dabei empfiehlt das DRK, das Wissen alle zwei Jahre aufzufrischen. Dafür spreche etwa, dass sich die Erste-Hilfe-Empfehlungen stetig wandeln.
Die Organisation „Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe“ entwickelt, basierend auf Erfahrungswerten, regelmäßig Änderungsvorschläge an den bestehenden Kursinhalten, sagt Meyer. „Früher hieß es zum Beispiel, dass man einem verunfallten Motorradfahrer niemals den Helm abnehmen sollte“, sagt er. Heutzutage wisse man es besser: Der Hauptgrund, aus dem Motorradfahrer tödlich verunglücken, sei demnach nicht auf die Verletzungen zurückzuführen. Ganz im Gegenteil: „Die meisten ersticken wegen des Helms“, sagt Claus. Das hätten die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt.
Wer nichts tut, macht sich strafbar
Generell gebe es in Sachen Erste Hilfe bei einigen Menschen eine Art Hemmschwelle, aus Angst etwas falsch zu machen, so Claus weiter. „Das Einzige, was man falsch machen kann, ist nichts zu tun.“ Und vor dem Gesetz macht man sich damit sogar strafbar: Unter dem Aspekt der unterlassenen Hilfeleistung kann das Nichtstun mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet werden, erklärt Claus.
Dessen ist sich auch die Rüthenerin Mechthild Helle bewusst. „Ich habe gelernt, dass nicht zu handeln falsch ist“, sagt die Lehrerin. Im beruflichen Rahmen habe sie 2019 ihren letzten Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Sie selbst habe bisher noch nie Erste Hilfe leisten müssen – und kann auch gut darauf verzichten. „Es ist immer eine gewisse Hemmschwelle da und die Angst, etwas kaputt zu machen. Dabei kann man eigentlich nichts falsch machen“, so die 53-Jährige.
Außer den obligatorischen Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein hat Felix Brünner bisher keinen weiteren Kurs absolviert. Die stabile Seitenlage traue er sich aber noch zu. „Ich hoffe, dass ich nie in eine Situation komme, in der ich Erste Hilfe leisten muss. Die stabile Seitenlage würde ich zwar noch hinbekommen, aber vor einer Wiederbelebung hätte ich schon ziemliche Manschetten“, sagt der 28-jährige Rüthener.
„Die Herzdruckmassage wäre auch kein Problem, aber eine Mund-zu-Mund-Beatmung möchte ich nicht machen müssen. Wenn jemand durch einen Unfall so schwer verletzt ist, dass er nicht mehr atmet, sieht man dem Körper das wahrscheinlich an. Ich kann nicht einschätzen, wie ich bei Blut oder verrenkten Gliedmaßen reagieren würde, ob ich das gut ertragen könnte.“ Nichtsdestotrotz, so ist sich Brünner sicher, würde er in einer Notsituation helfen, so gut er kann.
Ähnlich sieht es bei der Rüthenerin Martina Conradi aus. Ihren ersten und einzigen Erste-Hilfe-Kurs absolvierte sie, „als ich meinen Führerschein gemacht habe“, so die 64-Jährige. Ersthelferin im Beruf zu sein, sei nie in Frage gekommen.
„Stabile Seitenlage kriege ich aber auf jeden Fall hin, Mund-Nase-Beatmung wahrscheinlich auch. Raus aus dem Auto würde ich einen Menschen auch kriegen, mit diesem Unterarmgriff.“ Aber auch sie war noch nie in der Situation, Erste Hilfe leisten zu müssen und möchte auch am liebsten nicht in eine solche Situation kommen. Dennoch: „Zu ‘Highway to hell’ oder ‘Atemlos’ kann ich auch eine Herzdruckmassage.“
Von Laura Otten und Sarah Bsdurek "DerPatriot vom 10.09.2022"